Theo Lutz: Stochastische Texte. Vom Freiburger Code zum Stuttgarter Code

22. Juni 2022, 19:00 Uhr

Eine Veranstaltung im Rahmen der Reihe „Abends im Computermuseum“
Mit Klemens Krause, Toni Bernhart und Vera Hildenbrandt

Zeit: 22. Juni 2022, 19:00 Uhr
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Das Computermuseum der Universität Stuttgart in Zusammenarbeit mit dem Institut für Literaturwissenschaft, Abt. NDL 1, und dem Deutschen Literaturarchiv Marbach laden herzlich ein zur virtuellen Veranstaltung

Theo Lutz: Stochastische Texte. Vom Freiburger Code zum Stuttgarter Code

Theo Lutz (1932–2010) war weltweit einer der ersten, dem die Erzeugung natürlichsprachiger Texte mit einem Computer gelang. Im Sommer 1959 schrieb er in Zusammenarbeit mit Rul Gunzenhäuser und Max Bense ein Programm, mit dem er auf der Zuse Z 22 der Universität Stuttgart Gedichte herstellen konnte. Er gab ihnen den Titel „Stochastische Texte“ und veröffentlichte sie in der Zeitschrift „augenblick“. Das war ein Meilenstein in der Geschichte der Informatik und gleichzeitig schrieb Lutz damit Literaturgeschichte, ohne dass ihm das bewusst war.

 

NICHT JEDER BLICK  IST NAH. KEIN DORF IST SPÄT.

EIN SCHLOSS IST FREI UND JEDER BAUER IST FERN.

JEDER FREMDE IST FERN. EIN TAG IST SPÄT.

JEDES HAUS IST DUNKEL. EIN AUGE IST TIEF.

NICHT JEDES SCHLOSS IST ALT. JEDER TAG IST ALT.

NICHT JEDER GAST IST WÜTEND. EINE KIRCHE IST SCHMAL.

Theo Lutz: Stochastische Texte (1959) (Auszug)

 

Lutz schrieb sein Programm im "Freiburger Code", einer extrem redundanzfreien, heute praktisch unlesbaren Eingabeform für Z 22-Rechenanlagen. Das Programm ist vollständig erhalten. Es liegt im Nachlass von Theo Lutz, der vor drei Jahren ins Archiv des Deutschen Literaturarchivs Marbach (DLA) übernommen wurde.

Klemens Krause, Leiter des Computermuseums der Universität Stuttgart, hat Lutz’ Programm disassembliert und in den Maschinencode des LGP-30 übersetzt und auf Lochstreifen ausgestanzt. An diesem Abend wird er das Programm in den LGP-30, einen röhrenbestückten Magnettrommelrechner der ersten Generation, Baujahr 1958, einlesen und laufen lassen.

Was genau bei dem Reenactment passieren wird, ist die Überraschung des Abends. Toni Bernhart, Literaturwissenschaftler an der Universität Stuttgart, wird das Experiment kultur- und literaturwissenschaftlich kommentieren. In der anschließenden Diskussion live dazugeschaltet ist ein Podium aus dem Literaturmuseum der Moderne des DLA, das Vera Hildenbrandt, Leiterin der Museen des DLA, moderieren wird.

Theo Lutz war Mathematiker und Pionier der Informatik. Er war Absolvent der Universität Stuttgart und für Standard Elektrik Lorenz (SEL) und IBM tätig. Lutz schrieb zahlreiche Fach- und Sachbücher über Informatik und experimentierte zeit seines Lebens mit dem Wechselspiel von Hardware, Software und Literatur.

Das Datum der Veranstaltung, der 22. Juni 2022, ist bewusst gewählt: Es ist der 112. Geburtstag von Konrad Zuse.

 

 

Livestreamlink 

Theo Lutz am Schreibtisch. Foto DLA Marbach
Z 22 der Zuse KG (Bad Hersfeld). Theo Lutz stellte im Juli 1959 seine "Stochastischen Texte" auf der Z 22 der Technischen Hochschule (seit 1967 Universität) Stuttgart her. Foto DLA Marbach
LGP-30 von Librascope General Purpose (USA), in Europa vertreten von der Schoppe & Faeser GmbH (Minden), Baujahr 1958. Das hier abgebildete Exemplar mit der Seriennummer 4 ist betriebsbereit und steht im Computermuseum der Universität Stuttgart. Beim Reenactment am 22. Juni 2022 wird auf diesem LGP-30 das Programm für Stochastische Texte von Theo Lutz laufen. Foto Klemens Krause
Theo Lutz: Programm für Stochastische Texte vom 29. Juli 1959. Auf dem Fernschreiberausdruck zu lesen sind die ersten Zeilen des Programms, das insgesamt 348 Zeilen lang und im Freiburger Code geschrieben ist. Foto DLA Marbach
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