Die Schriftstellerin Gerlind Reinshagen (4.6.1926-8.6.2019) hat Hörspiele, Theaterstücke, Romane und Lyrik publiziert, wurde vom Suhrkamp Verlag verlegt und auf allen großen Bühnen der 1970er Jahre gespielt – und ist doch sowohl auf dem Theater als auch in der Literaturwissenschaft deutlich unterrepräsentiert. Unter den in den 1920er Jahren geborenen Autorinnen wie Christa Wolf oder Ingeborg Bachmann nimmt sie als Dramatikerin eine Sonderstellung ein. Anders als Vorgängerinnen wie Ilse Langner, die schon vor dem Zweiten Weltkrieg geschrieben haben und danach keinen Anschluss an das Theater fanden, oder die nach dem Krieg geborenen neuen Stimmen auf der Bühne wie Elfriede Jelinek oder Friederike Roth, etablierte sich Gerlind Reinshagen in den späten 1960er und 1970er Jahren mit einem eigenen Theaterstil, der Theatertendenzen ihrer Zeit aufgriff und doch einzigartig blieb. Trotz ihrer Präsenz in den 1970er und 1980er Jahren und ihrem kontinuierlichen dramatischen Schaffen setzte sich ihr Erfolg in den 1990er Jahren nicht in gleicher Weise fort – ein Aspekt, der die Frage verdient, wie hier möglicherweise generationelle Ungleichzeitigkeiten oder auch ein schnelllebiger Theaterbetrieb eine größere Sichtbarkeit verhinderten.
Mit dem Tod Gerlind Reinshagens 2019 ging ihr Nachlass in den Besitz des Deutschen Literaturarchivs Marbach über. Im Dialog mit den Archivbeständen planen wir eine Tagung zu Reinshagens Werk, die alle Gattungen der Autorin, besonders aber ihre Theaterstücke beleuchten soll. Reinshagens Auseinandersetzung mit der Arbeitswelt, mit Geschlechterkonstruktionen, Krankheit, Geschichte, Dystopie und Intertextualität bietet vielfältige Anknüpfungspunkte für eine Neulektüre des Werks heute. Dabei gilt es, neben den bekannten Publikationen vor allem die veröffentlichten, aber nicht uraufgeführten Stücke und die unveröffentlichte Stücke in den Fokus zu rücken. Darüber hinaus will sich die Tagung auch Reinshagens in den 60er Jahren entstandenem Hörspielwerk zuwenden.
Ort: DLA Marbach
Eine Tagung in Zusammenarbeit von DLA Marbach und Universität Stuttgart.
Die Veranstaltung wird organisiert von Prof. Dr. Annette Bühler-Dietrich (Neuere Deutsche Literatur, Universität Stuttgart) und Prof. Dr. Claus Zittel (SRC Text Studies, Universität Stuttgart).
Kontakt | Kontakt: annette.buehler-dietrich@ilw.uni-stuttgart.de, claus.zittel@ilw.uni-stuttgart.de |
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