Friedrich Wilhelm Joseph Schelling
Aphorismen über die Naturphilosophie
Herausgegeben von Fabian Mauch
Die »Aphorismen über die Naturphilosophie« (1806/07) wie auch die zugehörigen »Aphorismen zur
Einleitung in die Naturphilosophie« (1805) sind in der Forschung bisher weitgehend unbeachtet
geblieben, obwohl sie einen bedeutenden Übergangstext von der Natur zur Freiheitsphilosophie
Schellings darstellen. Sie wurden ursprünglich in der kurzlebigen, in nur sechs Ausgaben
erschienenen Zeitschrift »Jahrbücher der Medicin als Wissenschaft« veröffentlicht, die Schelling
zwischen 1805 und 1808 herausgab und zu der er die maßgeblichen Beiträge beisteuerte. Die 469
»Aphorismen«, die sich in zwei Hauptteile sowie eine vorangehende Einleitung gliedern, sind in
wesentlichen Teilen Reflexionen über das Absolute und knüpfen zwar noch an das »System der
gesammten Philosophie« von 1804 an, enthalten aber zugleich auch den Übergang von der frühen, von
Kant und Fichte ausgehenden Identitätsphilosophie hin in »ein langsames Abdriften zu den dunklen
Bereichen des Seins« (X. Tilliette), denen sich Schelling nach 1806 verstärkt zuwendet. Sprachlich
und gedanklich entfernt er sich vom »System«, spricht von der »Liebe« und den »Relationen« und in
Wendungen, die an Jacob Böhme erinnern, von der »Seele« der Dinge, »welche also zwar an sich
betrachtet gleich dem Centro, relativ aber auf das Ding, das verworrene Gegenbild ihrer Einheit,
nur ein Geschöpf des Centri ist«. Hier vollzieht sich die systematische Voraussetzung für das, was
die folgenden Schriften wesentlich ausmacht: das Ausloten des Dunklen in der Natur und damit in uns
selbst.
Die Textgattung »Aphorismus« war um 1800 noch nicht auf jene Bedeutung verengt, die uns heute
an ein isoliertes »Kürzestfragment« denken lässt. Es handelt sich um kurze Abschnitte einer
genetischen Darstellung, die jedoch anders als ein durchkomponierter Text einzelne Motive freier
variieren und von verschiedenen Seiten her beleuchten kann.
Erste Einzelausgabe eines Schlüsseltextes der klassischen deutschen Philosophie und gleichzeitig eine gute Einführung in Schellings Denken. Die »Aphorismen« sind in einem anschaulichen Stil verfasst und mit zahlreichen Beispielen illustriert. Sie sind das letzte Werk aus Schellings identitätsphilosophischer Periode und weisen bereits auf die Freiheitsphilosophie hin.
Hamburg: Meiner 2018 (Philosophische Bibliothek 713)
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